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Panikattacken bei Kindern & Jugendlichen - Was hilft?

Das Herz rast, die Hände kribbeln, das Atmen fällt schwerer, Todesangst – eine Panikattacke ist für Kinder und Jugendliche ein beängstigendes Erlebnis. Was genau passiert bei einer Panikattacke im Körper? Ist eine Panikattacke gefährlich? Und was hilft? Das erklärt unser Kollege David Grade, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, im Interview.

Was ist eine Panikattacke?

Bei einer Panikattacke verspüren Kinder und Jugendliche meist ganz plötzliche eine starke Angst. Es kann zum Beispiel sein, dass das Herz schneller schlägt, die Atmung flacher wird oder das Gefühl aufkommt, keine Luft mehr zu bekommen. Die Panikattacke nährt sich dann sozusagen selbst. Denn der Gedanke „Ich kann nicht richtig atmen“ steigert die Angst verständlicherweise noch weiter. Das kann so weit gehen, dass Betroffene Todesangst haben.

Ist eine Panikattacke gefährlich?

Eine Panikattacke ist für jeden Betroffenen, jede Betroffene ein beängstigendes Erlebnis. Sie ist an sich aber nicht gefährlich. Es kann sein, dass der Körper merkt: Okay, das ist mir gerade zu viel, ich muss runterfahren. In so einer Situation können Betroffene ohnmächtig werden. Aber auch das ist an sich nicht lebensbedrohlich.

Was passiert während einer Panikattacke im Körper?

Angst ist erst einmal eine wichtige Funktion. Sie warnt uns vor Gefahren. Verspüren wir Angst, weiß unser Körper: ich bin bedroht. Er schüttet das Stresshormon Adrenalin aus, stellt die Blutgefäße eng und pumpt mehr Blut durch die Adern. Das Herz schlägt dann schneller oder die Hände kribbeln. Durch die Anspannung zieht sich die Muskulatur zusammen und die Atmung wird flacher. Es kann auch sein, dass der Körper sich leichtmachen möchte und Betroffene daher das Gefühl haben, zur Toilette zu müssen oder erbrechen. So eine Panikattacke dauert manchmal bis zu einer halben Stunde an, ist oftmals aber auch nach ein paar Minuten vorbei.

"In dem Moment, wo Betroffene merken, dass ihr Leben von den Panikattacken beeinträchtigt wird, sie damit nicht klarkommen, sollten sie sich professionelle Hilfe suchen"

Was kann eine Panikattacke auslösen?

Wir unterscheiden zwischen Auslösern und Ursachen. Ein Auslöser kann alles Mögliche sein, beispielsweise eine Stresssituation. Schlägt dann das Herz etwas schneller, vielleicht vor einer Klausur, geht die Angstspirale los. Auch die Ursachen können sehr verschieden sein. Nach dem biopsychosozialen Modell gibt es biologische, soziale und durch die Psyche bedingte Ursachen. Es gibt Kinder und Jugendliche, die einfach von Natur aus etwas ängstlicher sind. Da springen dann die Teile des Gehirns, die für Angstgefühle zuständig sind, schneller an. Auch Konflikte innerhalb der Familie können Panikattacken auslösen. Wichtig ist, abzuklären, dass keine körperlichen Ursachen zu den Beschwerden führen.

Was hilft Kindern und Jugendlichen bei einer akuten Panikattacke?

Es kann helfen, sich selbst immer wieder zu sagen: „Das ist eine Panikattacke. Ich werde das überleben.“ Kindern fällt das meist jedoch noch wesentlich schwerer als Erwachsenen. Wichtig ist die Atmung. Sieben Sekunden lang durch den Mund gezielt in den Bauch einatmen, sieben Sekunden lang die Luft anhalten, dann sieben Sekunden lang mit der Nase ausatmen – das sorgt für einen höheren Sauerstoffgehalt im Blut. Solche Atemübungen sollten Betroffene regelmäßig üben.  Kindern tut es in der Regel gut, sich in solchen Momenten dort zu befinden, wo sie sicher fühlen, beispielsweise auf dem Schoß der Mama oder des Papas. Was nicht hilfreich ist: die Panik immer zu vermeiden. Schicken die Eltern ihr Kind beispielsweise irgendwann nicht mehr zur Schule, lernt das Gehirn: Wunderbar, so kann ich der Panik aus dem Weg gehen. Dann wird es langfristig eher schlimmer.

Wie können Eltern oder andere Bezugspersonen ihrem Kind helfen?

Eltern sollten versuchen, selbst ruhig zu bleiben, so schwer das in einer solchen Situation auch fallen mag. Sie können ihrem Kind gut zu reden, ihm sagen: „Du schaffst das, das ist nur eine Panikattacke.“ Sie sollten mit ihrem Kind über seine Gefühle sprechen, beispielsweise mithilfe von Kinderbüchern. Es ist außerdem hilfreich, sich gut mithilfe seriöser Quellen über das Thema zu informieren, um solche Situationen besser einschätzen zu können und auch, um zu wissen: Das ist nicht gefährlich. 

Was hilft langfristig?

In dem Moment, wo Betroffene merken, dass ihr Leben von den Panikattacken beeinträchtigt wird, sie damit nicht klarkommen, sollten sie sich professionelle Hilfe suchen. Wichtig ist dann vor allem, nach den Ursachen zu schauen. Dabei ist die Zusammenarbeit mit der ganzen Familie entscheidend. Schließlich geht es darum, stufenweise in die Angst zu gehen, sich Situationen zu stellen, die Panik auslösen, und sie auszuhalten, bis das Angstlevel sinkt. Dann lernt das Gehirn Schritt für Schritt: Das ist ja gar nicht schlimm, mir passiert nichts.