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Was bedeutet die Abkürzung ADHS?

ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Manchmal wird auch von einer hyperkinetischen Störung (HKS) oder einer Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung gesprochen. Typisch für die mit all diesen Begriffen gemeinte Erkrankung sind drei Hauptsymptome: Konzentrationsschwierigkeiten, motorische Unruhe und Impulsivität. Diese zeigen sich je nach Alter des Kindes oder Jugendlichen auf verschiedene Art.

ADHS ist keine Mode-Erscheinung, sondern eine behandlungsbedürftige Erkrankung, die in unterschiedlichen Kulturen auftritt. Die ADHS hat überwiegend genetische Ursachen und tritt deshalb oft in einer Familie gehäuft auf.

Welche Beschwerden habe ich bzw. hat ein Kind mit ADHS?

Ich bin bzw. mein Kind ist häufig:

  • sehr unruhig und habe / hat einen enormen Bewegungsdrang
  • unkonzentriert oder verträumt
  • ablenkbar und vergesslich
  • laut und störend im Unterricht
  • ungeschickt

                                                

Es fällt mir bzw. ihr oder ihm schwer:

  • abzuwarten
  • meine / seine Impulse zu bremsen, z.B. eine Antwort zurückzuhalten, bis eine Frage zu Ende gestellt ist
  • meinen / seinen Alltag gut zu strukturieren
  • mich / sich für eine große Belohnung anzustrengen; lieber nehme ich / nimmt sie bzw. er sofort eine kleinere Belohnung
  • größere Aufgaben zu planen und in mehrere sinnvolle Schritte zu unterteilen
  • meine / seine Stimmung gut zu regulieren

Wieviel Unruhe, Unkonzentriertheit und Impulsivität sind normal und wann braucht es Hilfe?

Viele Kinder und Jugendliche haben Phasen, in denen sie sich schlecht konzentrieren können oder in denen sie unruhig sind. Dafür kann es viele Gründe geben, und nicht immer steckt dahinter eine behandlungsbedürftige psychische Störung. Wichtig ist zu beobachten, ob die Symptome nur in bestimmten Situationen auftreten und wie andauernd sie sind. Typisch für eine ADHS ist, dass die Symptome in verschiedenen Situationen zu Schwierigkeiten führen, z.B. in der Schule, zu Hause und auch in der Freizeit. Die Symptome sind nicht gekoppelt an einen Auslöser, z.B. als Reaktion auf belastende Lebensereignisse. Die Symptome beginnen typischerweise in der Kindergartenzeit. Sie sind nicht nur vorübergehend, sondern halten über mehrere Monate an.

Die Erkrankung verläuft unterschiedlich: Sie wächst sich oft nicht aus, verändert aber ihre Ausprägung. Selten gibt es bei Kindern auch eine Form der ADHS ohne motorische Unruhe, in der Regel treten die Konzentrationsschwierigkeiten aber gekoppelt mit Unruhe auf.

Jugendlichen allerdings z.B. sieht man die Unruhe, die bei Kindern typischerweise zu beobachten ist („Zappelphilipp“), oft nicht mehr an. Sie berichten eher eine innere Unruhe und „Kribbeligkeit“. Auch viele Erwachsene, die als Kinder an einer ADHS litten, berichten noch über Schwierigkeiten im Alltag.

Ganz viele verschiedene knallbunte Holzkreisel sind übereinandergestapelt und führen so zu einer Reizüberflutung

Warum sollte eine ADHS behandelt werden?

Mit ADHS zu leben, ist für die betroffenen Kinder und Jugendlichen, aber auch für ihre Eltern und Geschwister, eine Herausforderung. ADHS führt oft zu Schwierigkeiten in Familie, Schule, Ausbildung und Beziehungen. Oft sind es die Eltern oder andere enge Bezugspersonen, wie Erzieherinnen oder Erzieher bzw. Lehrerinnen oder Lehrer, die auf die ADHS-Problematik aufmerksam werden und denen auffällt, wie stark das Kind im normalen Alltagsleben beeinträchtigt ist. Manchmal bemerken Kinder und Jugendliche mit ADHS selbst, dass etwas nicht stimmt. Fast immer leiden sie unter den Folgen ihrer Symptome.

Wenn eine ausgeprägte ADHS nicht behandelt wird, kann sie sich verfestigen und ungünstige Folgen haben. Wichtig ist es daher, frühzeitig professionelle Hilfe zu suchen. Je früher eine Behandlung beginnt, umso erfolgreicher wird sie sein.

Wie erkennt die Ärztin oder der Arzt, ob ein Kind an einer ADHS erkrankt ist?

Am wichtigsten ist für die Diagnose, dass eine Ärztin oder ein Arzt oder Psychotherapeutin oder Psychotherapeut, die bzw. der sich mit seelischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen auskennt, ausführlich mit Ihnen und Ihrem Kind sprechen kann. Diese Gespräche geben Ihnen den Raum, über Ihre Sorgen zu reden und zu erklären, was Sie an der Entwicklung Ihres Kindes besonders belastend und wichtig finden. Die Therapeutin oder der Therapeut stellen Ihrem Kind und Ihnen anschließend weitere Fragen. Diese können sich beispielsweise auf die Familien- und Lebensgeschichte beziehen, um die aktuellen Schwierigkeiten besser einordnen zu können. Man kann ADHS, wie andere psychische Störungen auch, nicht allein mit Tests oder Fragebögen erkennen. Als zusätzliche Informationsquelle und um das einzelne Kind besser zu verstehen, sind sie aber hilfreich. Meist bekommen Ihr Kind und Sie daher einen oder mehrere Fragebögen mit nach Hause und werden gebeten, diese in Ruhe auszufüllen. Da ADHS nie nur zu Hause auftritt, ist es wichtig, auch vom Kindergarten oder der Schule Informationen zu bekommen. Gut ist es auch, wenn Sie Schulzeugnisse mitbringen, besonders die ersten Grundschulzeugnisse, weil in diesen die Kinder gut beschrieben werden.

Die meisten Kinder mit ADHS haben auch noch andere Schwierigkeiten. Ihnen fällt es z.B. oft schwer, sich an Regeln und Grenzen zu halten; viele Betroffene haben auch Selbstwertprobleme oder Ängste. Eine ganze Reihe von Kindern mit ADHS hat Probleme mit dem Lesen, Schreiben oder Rechnen. Wenn es Hinweise darauf gibt, sind weitere Untersuchungen notwendig. ADHS muss auch abgegrenzt werden von anderen Störungen, bei denen Kinder oder Jugendliche auch unkonzentriert oder impulsiv sein können.

Wie sieht die Behandlung einer ADHS aus?

Für die Behandlung einer ADHS stehen viele gut untersuchte Bausteine zur Verfügung. Dazu gehören z.B. Psychoedukation (Information und Beratung), Elterntrainings, Verhaltenstherapie und Medikamente. Die Behandlung soll optimal auf die Situation Ihres Kindes zugeschnitten werden. Je nach Alter des Kindes und Ausprägung der Symptome können dazu einzelne passende Bausteine gewählt werden.

In psychotherapeutischen Gesprächen z.B. lernen die Kinder, aber auch Sie als Eltern, das Wissen über die Erkrankung und den hilfreichen Umgang damit.

Oft geraten Eltern mit ihren Kindern, die an ADHS leiden, in einen Teufelskreis: Sie sehen nur noch das Negative. In der Therapie können Sie lernen, wieder eine positivere Beziehung zu Ihrem Kind zu bekommen, Ihr Kind zu loben, aber auch klare Regeln aufzustellen und konsequent zu sein. Und Sie lernen auch, nicht perfekt sein zu müssen und auch auf Ihre eigenen Belastungsgrenzen zu achten und sich nicht zu viel aufzubürden.

Eine begleitende medikamentöse Therapie kann sinnvoll sein, wenn die ADHS-Symptomatik stark ausgeprägt ist und dadurch deutliche Probleme in der Schule oder Zuhause auftreten oder wenn die Symptome durch andere Therapiebausteine alleine nicht ausreichend zurückgehen.

Was können Sie als Eltern für die Behandlung tun?

Für Eltern ist es wichtig und oft auch entlastend zu wissen, dass die ADHS nicht auf schlechte Erziehungsmethoden oder Medienkonsum zurückgeführt werden kann. Sie haben als Eltern also keine Verantwortung dafür, dass Ihr Kind an einer ADHS leidet. Sie haben aber Möglichkeiten, den Verlauf der ADHS zu beeinflussen. Für den optimalen Verlauf einer Therapie ist Ihr Mitwirken als Eltern wichtig. Daher sollen Eltern, Lehrerinnen oder Lehrer und Erzieherinnen oder Erzieher informiert werden über hilfreiche Strategien im Umgang mit der Erkrankung, z.B. durch ein Elterntraining.

Auch als Eltern eines Kindes mit ADHS ist man nicht allein. Es gibt ein breites Spektrum an Hilfsangeboten und Angehörigengruppen, die durch Austausch von Erfahrungen oder Beratung bei Problemen im Alltag und bei offenen Fragen helfen können. Es ist auch gut, möglichst viel über die Erkrankung zu wissen. Nutzen Sie daher Informationsmöglichkeiten. Hilfreiche unabhängige Informationen bekommen Kinder, Jugendliche und ihre Eltern, aber auch Lehrerinnen oder Lehrer und Erzieherinnen oder Erzieher z.B. hier:

Wo bekomme ich Hilfe für mein Kind?

Die ADHS ist eine der häufigsten psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Für eine erfolgreiche Behandlung der ADHS ist frühzeitige fachkundige Hilfe wichtig. Die Kinderärztin oder der Kinderarzt, eine Kinder- und Jugendpsychiaterin bzw. -psychiater oder Kinder- und Jugendpsychotherapeutin bzw. -therapeut können Gesprächspartnerin bzw. -partner sein. Der erste Schritt ist meist eine ambulante Behandlung. Hierfür stellen die LWL-Klinken ein Netz aus Institutsambulanzen bereit. In einigen Fällen, z.B. bei schwerem Verlauf oder bei begleitenden anderen psychischen Erkrankungen, ist auch eine stationäre oder tagesklinische Behandlung sinnvoll oder notwendig. Da ADHS fast immer auch zu Problemen in der Schule führt, spielt im Rahmen der stationären oder tagesklinischen Behandlung die Fortsetzung und ein Gelingen des Schulbesuchs eine wichtige Rolle.

Sie finden unter diesem Link genaue Informationen zu den Therapie- und Hilfsangeboten des LWL-PsychiatrieVerbund Westfalen.